Und zugleich die letzte große Veranstaltung, mit der die Stiftung Scheuern ihr 175-jähriges Bestehen feierte: Auch dort besitze Musik seit jeher einen hohen Stellenwert, da sie Menschen mit Behinderung Teilhabe ermögliche, betonte der theologische Vorstand, Pfarrer Gerd Biesgen, in seiner Begrüßung und kündigte umgehend die musikalischen Gäste des Abends an: „Und heute haben wir uns ein ganz besonderes Ensemble nach Nassau eingeladen.“
Und was für ein besonderes Ensemble das war: Die einst als Fastnachtschor gegründeten, längst aber musikalisch sehr vielfältig aufgestellten Mainzer Hofsänger, die ihrerseits im kommenden Jahr den 100. Geburtstag feiern, haben sich durch zahlreiche erfolgreiche Auftritte im In- und Ausland einen Namen gemacht. Und natürlich durch ihre 2007 aufgenommene Partnerschaft mit Lotto Rheinland-Pfalz, in deren Rahmen sie bis dato rund 2,3 Millionen Euro für soziale Zwecke ersungen haben. Weitere 14.000 Euro kamen bei diesem Benefizkonzert dazu, das, um es vorwegzunehmen, in der ausverkauften Stadthalle für große Begeisterung sorgte.
Sicherlich nicht zuletzt auch deshalb, weil die stimmgewaltigen Tenöre und Bässe in diesen rund zwei Stunden eine enorme Bandbreite an musikalischen Genres und Epochen im Gepäck hatten: Dank dieser Vielfalt war sichergestellt, dass kein Zuhörer leer ausging, sondern, ganz im Gegenteil, für nahezu jeden Geschmack etwas dabei war. Mit einem eindeutigen Schwerpunkt: „Showtime“ heißt das Programm, das die Mainzer Hofsänger an der Lahn präsentierten – insgesamt haben sie vier Programme, darunter auch eines mit geistlicher Musik, in ihrem Repertoire. Kleine Überschneidungen inklusive: In Nassau stiegen sie mit dem nach der Melodie von „YMCA“ gesungenen „Gude aus Meenz“ – so der Titel eines weiteren ihrer Programme – ins Geschehen ein. Und ließen vom ersten Takt an keinen Zweifel an ihrer Klasse: Der voluminöse Chorklang dieses mit 15 – in Nassau 13 – Sängern zahlenmäßig nicht allzu stark aufgestellten Ensembles zog bereits bei diesem Eingangsgruß aus der Landeshauptstadt komplett in seinen Bann.
Was folgte, war ein bunter Reigen aus Musicalsongs (unter anderem „Memory“ aus „Cats“, „Ol‘ man river“ aus „Show Boat“ und „Maria“ aus der „Westside Story), Popsongs (zum Beispiel „You raise me up“ von Secret, „Listen to your heart“ von Roxette und „Can you feel the love tonight“ von Elton John), sowie Gospel und Traditional. Apropos Gospel: Bei „Oh Happy Day“ könne man unter keinen Umständen still dasitzen, sondern müsse einfach mitmachen, hieß es: „Sie dürfen tanzen, aufschreien und ‚Halleluja‘ rufen.“ So weit ging das Nassauer Publikum dann zwar nicht, aber dass es sich von diesem mit sprühendem Temperament gesungenen Gospel mitreißen ließ, war offensichtlich. Interessant zu beobachten: Bei sehr vielen Liedern übernahmen verschiedenste Sänger Solistenrollen – auch das ein Indiz für die Qualität des Chors, der sich auf einem durchgehend hohen Niveau bewegt. Chorleiter Andreas Leuck, der gleichzeitig Klavier spielte und dirigierte, versteht es offenbar bestens, die Sänger-Individuen zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen.
Dazu gab’s eine Extraportion komödiantisches Talent – etwa bei einem Weinlieder-Medley, bei dem einer der Sänger schwankend von der Bühne geführt werden musste, oder bei dem von „Major Tom“ bis „99 Luftballons“ reichenden Neue-Deutsche-Welle-Potpourri, bei dem ein anderer gerade zu einer musikwissenschaftlichen Abhandlung ansetzen wollte, als er von einem Kollegen mit den Worten „Oh Mann, was laberst du da – wir singen es, weil es uns Spaß macht“ die Luft aus den Segeln genommen bekam.
Aber natürlich hatte dieses quirlige, ausgesprochen heitere Konzert auch ernste Momente. So warb Vinzent Grimmel, der „Kapitän“ der Mainzer Hofsänger, für „Starke Kinder gehen keinem ins Netz!“, die diesjährige Spendenaktion von Lotto Rheinland-Pfalz, für die auch in Nassau gesammelt wurde. Die Spendenaktion unterstützt Projekte mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche vor Internet-Kriminalität zu schützen.
Und dann, kurz vor Konzertende, war er da, der große Moment: Fritz Langenhorst, Aufsichtsratsmitglied von Lotto Rheinland-Pfalz, ergriff das Wort, lobte zu Recht die Mainzer Hofsänger, auf die man zweifellos stolz sein könne, ebenso wie Friedhelm Hommen, der die Benefizkonzerte des Chors seit vielen Jahren organisiert – und fand überdies herzliche Worte für die Stiftung Scheuern: „Wie Sie sich tagtäglich für Menschen mit Behinderung einsetzen, ist einfach großartig.“
Dazu gab’s, wie eingangs bereits angedeutet, einen von Lotto Rheinland-Pfalz auf 14.000 Euro aufgerundeten Scheck aus dem Erlös des Konzerts. Pfarrer Gerd Biesgen bedankte sich von Herzen dafür, bevor Jörg Bremser, Leiter des Fachbereichs Bildung/Arbeit/Teilhabe bei der Stiftung Scheuern, erläuterte, was mit dem Geld geschehen soll: Die Summe wird in die digitale Bildung von Menschen mit Behinderung in den Werkstätten sowie in den Bau eines Sommergartens in der Werkstatt Langauer Mühle fließen. Natürlich nur ein Zufall, aber ein passender Zufall: Mit der Zugabe „So ein Tag so wunderschön wie heute“ verabschiedeten sich die Mainzer Hofsänger aus Nassau.
