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Gedenkfahrt nach Hadamar: Die Vergangenheit in die Gegenwart hineintragen


Rund 20 Menschen aus Nassau, Lahnstein und Diez nahmen an der diesjährigen Gedenkfahrt nach Hadamar teil, zu der das Pfarramt für Gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Rhein-Lahn und die Stiftung Scheuern unter dem Motto „Mensch achte den Menschen“ eingeladen hatten.

Rund 20 Menschen aus Nassau, Lahnstein und Diez nahmen an der diesjährigen Gedenkfahrt nach Hadamar teil, zu der das Pfarramt für Gesellschaftliche Verantwortung der evangelischen Kirche Rhein-Lahn und die Stiftung Scheuern unter dem Motto „Mensch achte den Menschen“ eingeladen hatten. In  Hadamar bei Limburg befand sich während der NS-Zeit eine von insgesamt sechs Tötungsanstalten der Nationalsozialisten. Dort wurden zwischen Januar 1941 und März 1945 rund 15.000  Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen im Rahmen der sogenannten T-4-Aktionen systematisch ermordet  – darunter auch 1500 Bewohner der damaligen Zwischenanstalt Scheuern. In den 1980er-Jahren gründete der Landeswohlfahrtsverband Hessen die Gedenkstätte Hadamar, die an das Schicksal dieser Euthanasieopfer erinnert.

Ihren Ausgangspunkt nahm die  Gedenkfahrt auf dem Gelände der Stiftung Scheuern, wo Matthias Metzmacher, Pfarrer für Gesellschaftliche Verantwortung, und Gisela Schönrock, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Stiftung, die Teilnehmer in Empfang nahmen. Gisela Schönrock stellte zunächst das Mahnmal vor, das der Künstler Christian Rudolph  1999 auf dem Stiftungsgelände errichtet und mit Zitaten aus Briefen Scheuerner Euthanasieopfer gestaltet hat. Um die Schrecken jener Zeit zu verdeutlichen, las sie weitere Textauszüge aus einer Begleitdokumentation zum Mahnmal vor, bevor sie gemeinsam mit zwei Bewohnerinnen der Stiftung Scheuern den Kanon „Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“ sang.

Bei einer anschließenden Vorstellungsrunde sprachen die Mitglieder der Gruppe über ihre Beweggründe, an der Gedenkfahrt teilzunehmen. Allen gemeinsam, so stellte sich heraus, war der Wunsch, sich mit der Vergangenheit und dem menschenverachtenden Rassehygienewahn der Nationalsozialisten auseinanderzusetzen. „Vor Gott gibt es kein lebensunwertes Leben“ –dieser Leitsatz des Theologen Dietrich Bonhoeffer, der selbst ein Opfer des NS-Regimes war, stand am Ende der Vorstellungsrunde, nach der sich die Gruppe auf den Weg nach Hadamar machte.

Sehr bewegend sei hier die rund dreistündige Führung durch die Gedenkstätte Hadamar und insbesondere der „Gang in den Keller“ gewesen, berichtet Pfarrer Matthias Metzmacher. Im Keller der Tötungsanstalt befand sich die Gaskammer, wo Tausende und Abertausende behinderter und psychisch kranker Menschen, meist unmittelbar nach ihrer Ankunft, ermordet wurden. „Eine der Teilnehmerinnen aus der Gruppe hat beim Hinuntergehen die Hand Lore Arnolds, einer Frau mit Behinderung und Bewohnerin der Stiftung Scheuern, gehalten, erinnert sich Pfarrer Metzmacher. Und: „Wir hatten das Gefühl, dass wir die Vergangenheit ein Stückweit in unsere Gegenwart hineintragen.“ Im Mittelpunkt der Veranstaltung habe nicht zuletzt die Frage gestanden, wie die Gesellschaft heute, etwa im Zusammenhang mit der pränatalen Diagnostik,  mit dem Thema Behinderung umgehe. Neu bei der diesjährigen Gedenkfahrt: Die Teilnehmer beschäftigen sich in Kleingruppen intensiv mit jeweils einer Person aus der Geschichte der Tötungsanstalt – sei es von der Opfer- oder von der Täterseite, sammelten mithilfe der Ausstellung Informationen zu der betreffenden Person und stellten sie anschließend im Plenum vor. „Durch das Herausheben von Einzelschicksalen wurde das Geschehen noch plastischer“, betont Pfarrer Metzmacher. Eine Andacht in der Kapelle der angrenzenden Vitoskliniken rundete die Veranstaltung ab.