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Vierbeinige Weidepfleger treten ihren Dienst am Schimmerich an


Achtzehn Kamerunschafe sind vor Kurzem von Dessighofen nach Nassau zur Stiftung Scheuern gereist. Dort sind sie nun als Weidepflege-Profis im Einsatz. Alles Weitere erfahren Sie hier:

Kent hat alles im Griff. Kaum macht eines der Schafe Anstalten, aus der Reihe zu tanzen, ist der Border Collie blitzschnell zur Stelle und weist den Quertreiber freundlich, aber mit Nachdruck in seine Schranken. So auch vor Kurzem, als 18 blökende Vierbeiner die Reise von Dessighofen nach Nassau antraten – als Hauptakteure eines tierisch spannenden Projekts: Die Schafe stehen nun leihweise als Weidepfleger bei der Stiftung Scheuern in Diensten.

Wie es zu diesem nicht ganz alltäglichen „Arbeitsverhältnis“ gekommen ist? Die Idee, eine Kooperation mit einem Schäfer einzugehen, hatten Jörg Bremser, Leiter des Fachbereichs Bildung/Arbeit/Teilhabe (BAT) bei der Stiftung Scheuern, und das Team der Garten- und Landschaftspflege (Gala) schon länger. „Wir haben auf unserem Gelände einige sehr steile Grünflächen, deren Pflege sich dementsprechend schwierig gestaltet“, erläutern Jörg Bremser und Helmut Meschenmoser vom Gala-Team den Hintergrund. Mähen ist fast nicht möglich, und auch Mulchen taugt auf Dauer nicht als Lösung, zumal es Eidechsen, Frösche und andere Tiere, die dort in Bodennähe leben, in Lebensgefahr bringt.

Schafe dagegen sind gleichermaßen geländegängig wie umweltschonend und somit bestens geeignet für besagtes Beweidungsprojekt, für das man nun Kontakt mit dem Dessighofener Schäfer Stefan Schmidt aufnahm. In der Taunusgemeinde hält Schmidt seit Jahren 40 bis 60 Schafe unterschiedlicher Rassen – und kam nun mit 18 Kamerunschafen in seinem Kleintransporter zur Stiftung Scheuern gefahren, wo ihn neben Jörg Bremser auch Werkstattleiter Sebastian Mono, das Team der Garten- und Landschaftspflege mit Andreas Bethcke, Christoph Fischer, Eike Fueting, Florian Görgens, Jürgen Jäger und Helmut Meschenmoser und nicht zuletzt Tagesförderstättenleiter Ralph Wick begrüßten. Denn auch die Tagesförderstätte (Tafö) der Stiftung Scheuern ist fest in das Schafe-Projekt mit eingebunden. Die Taföbesucher versorgen die Tiere nicht nur mit Wasser, sondern füttern ihnen auch regelmäßig etwas Brot und Äpfel aus der Hand und tragen überdies Verantwortung für die tägliche Zählung – womit bewiesen wäre, dass das Schafe-Projekt über die Weidepflege hinaus auch insofern von großem Nutzen ist, als es Menschen mit Behinderung ein Stück Teilhabe ermöglicht.

Die Jungs vom Gala-Team wiederum packten tatkräftig mit an, als es um das Aufstellen der Umzäunung auf der großen Wiese hinter den Häusern Schimmerich 1 und 3 ging. Jetzt konnte Hütehund Kent in Aktion treten und die neun Mutterschafe und ebenso vielen Lämmer, den Stimmkommandos seines Herrchens folgend, zielsicher in ihr neues Zuhause dirigieren. Bis zum Spätherbst werden sich die Kamerunschafe, die ursprünglich aus dem Tierschutz stammen, hier also als Landschaftspflege-Profis nützlich machen, indem sie das Gras und, wo gewollt, auch die Sträucher kurz halten, kostenlos ihren biologischen Dünger dazugeben und dergleichen Dinge mehr. Einen Mehrwert erhofft man sich zudem durch die Reduzierung von Wildschweinschäden. Die Schwarzkittel, die in den vergangenen Monaten unter anderem am Schimmerich ihr Unwesen getrieben hatten, meiden Schafweiden laut Auskünften aus der Jägerschaft.    

Logisch, dass man die Schafe, so anspruchslos und selbstständig sie auch sein mögen, nicht sich selbst überlassen kann: Neben den Tafö-Besuchern schauen auch Stefan Schmidt und seine Lebensgefährtin Barbara Lipinski, der die Vierbeiner übrigens gehören, regelmäßig nach ihnen. Die beiden hatten auch gleich Tipps für den richtigen Umgang mit den Neuzugängen parat. „Füttern Sie ihnen nicht mehr als zwei Kilo Brot pro Tag, weil es sonst zu Verdauungsproblemen kommen kann“, rieten sie zum Beispiel. Und: „Um die Kontrolle über die Menge zu haben, sollten Brot und Äpfel nicht auf eigene Faust gegeben, sondern vorher gesammelt und dann in der Gruppe verfüttert werden.“

Kein Wunder angesichts dieser pfiffigen Kooperation, dass Jörg Bremser von einer „Win-Win-Situation“ und einem „Einstieg mit Potenzial für mehr“ sprach.  Wieso Potenzial für mehr? Ganz einfach: Wenn es mit der 18-köpfigen „Vorhut“ gut klappt, könnten sich beide Seiten vorstellen, das Beweidungsprojekt auf weitere Flächen und zusätzliche Schafe, auch anderer Rassen, auszudehnen. Der Anfang ist jedenfalls gemacht.