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Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Teilhabe


Die neue EUTB-Beratungsstelle in Bad Ems steht Menschen mit Behinderung kostenlos und neutral zur Verfügung

Neues Angebot für Menschen mit Behinderung in Bad Ems: Hier gibt es seit Kurzem eine Beratungsstelle für die sogenannte Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung, kurz EUTB. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt? Zunächst einmal, dass sich Menschen, die eine Behinderung haben oder von einer Behinderung bedroht sind, kostenlos zu allen Aspekten der Teilhabe am beruflichen und sozialen Leben beraten lassen können – ob dies die Anschaffung und Finanzierung medizinischer Hilfsmittel, die Wohnsituation, die Freizeitgestaltung oder andere individuelle Fragestellungen betrifft. Wichtig zu wissen: Die EUTB versteht sich als zusätzliches Angebot zu der Beratung, die Einrichtungen der Behindertenhilfe und Kostenträger von Gesetzes wegen ohnehin leisten müssen – daher also „ergänzend“. Und unabhängig ist sie, weil sie zu 100 Prozent neutral und losgelöst von den Interessen eben dieser Kostenträger und Leistungserbringer arbeitet.

Die Schaffung einer solchen neutralen Anlaufstelle war eine der Kernforderungen von Menschen mit Behinderung im Zusammenhang mit der Reform des Bundesteilhabegesetzes. Mitte 2017 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales deutschlandweit 500 EUTB-Beratungsstellen ausgeschrieben, die es fürs Erste bis Ende 2022 mit insgesamt 58 Millionen Euro pro Jahr fördert. Das Netz befindet sich zurzeit noch im Aufbau. „Im Rhein-Lahn-Kreis sind wir die einzigen“, sagt Jörg Röder, Geschäftsführer der Inklusa gGmbH, die die EUTB-Beratungsstelle in Bad Ems betreibt, und fügt hinzu: „Wir beraten immer und ausschließlich im Sinn der Ratsuchenden.“

Während er sich um Aufbau und Leitung der Beratungsstelle kümmert, sind Petra Koschella und Julia Tiwi-Feix für die Beratung der hilfesuchenden Menschen zuständig. Beide sind Sozialpädagoginnen und Case Managerinnen mit Zusatzausbildung in systemischer Beratung und somit fachlich bestens für diese Aufgabe gerüstet. Aber nicht nur aus diesem Grund: Auch die in den EUTB-Richtlinien angestrebte Beratung von Betroffenen für Betroffene, in der Fachsprache „Peer Counseling“ genannt, ist in der Bad Emser Beratungsstelle erfüllt. „Jemand, der selbst beeinträchtigt ist, kann sich viel besser in die Ratsuchenden hineinversetzen“, sagt Jörg Röder. „Vor allem weiß er, was es bedeutet, wenn sich durch eine Behinderung plötzlich alles ändert und man gezwungen ist, sein Leben anders zu führen als bisher.“

Natürlich steht die Beratungsstelle auch Angehörigen und gesetzlichen Betreuern von Menschen mit Behinderung offen. Was muss ich als Erstes tun, wenn ich plötzlich, beispielsweise durch einen Unfall, mit einer Behinderung konfrontiert bin? An wen kann ich mich wenden? Welche Pflegeeinrichtungen kommen für mich infrage, und wie finde ich heraus, welche davon meinen individuellen Bedürfnissen und Wünschen am besten entspricht? Von welchem Geld kann ich leben? Welche Hilfeleistungen stehen mir zu, und welcher Kostenträger kommt wofür auf? Wo kann ich wohnen? Welche Möglichkeiten der beruflichen Wiedereingliederung und Teilhabe habe ich? Diese und viele weitere Fragen sind es, auf die Petra Koschella und Julia Tiwi-Feix gemeinsam mit den Ratsuchenden Antworten suchen. Häufig sei ihre Rolle die einer Vermittlerin, sagt Petra Koschella: „Wir filtern heraus, wer für ein bestimmtes Anliegen zuständig ist, und stellen die entsprechenden Kontakte her.“ Denn das Hilfesystem für Menschen mit Behinderung ist komplex, sich darin zurechtzufinden, alles andere als einfach. Dank ihres professionellen Überblicks und der Vernetzung mit anderen EUTB-Beratungsstellen können die beiden EUTB-Beraterinnen jedoch weiterhelfen. Oder wie Jörg Röder es formuliert: „Wir lotsen die ratsuchenden Menschen durch die Vielfalt an vorhandenen Möglichkeiten hindurch. Kapitän bleibt aber immer der Ratsuchende selbst.“ Womit das Prinzip des Empowerment, der Selbstbefähigung, angesprochen wäre. „Wir sagen nicht ‚Wir tun dies oder jenes für dich‘, sondern ‚Wir machen dich so stark, dass du es selbst tun kannst‘“, bringt Röder dieses Prinzip auf den Punkt.

Die Menschen werden sowohl vor Ort in den barrierefreien Räumlichkeiten der Inklusa gGmbH in Bad Ems als auch, wenn sie in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und im Rhein-Lahn-Kreis leben, mittels der sogenannten aufsuchenden Hilfe an ihrem eigenen Wohnort beraten – immer neutral und ohne an die Interessen eines bestimmten Anbieters gebunden zu sein, versteht sich. Dazu kommt die Beratung per Telefon und E-Mail-Kontakt. In Julia Tiwi-Feix‘ Arbeit nehmen diese beiden Varianten einen besonders großen Raum ein, denn sie bekommt auch über den Rhein-Lahn-Kreis hinaus – genauer gesagt: aus dem gesamten Bundesgebiet – Anfragen. Der Grund: Mit der Hälfte ihrer Arbeitsstelle ist Julia Tiwi-Feix für Menschen mit erworbener Hirnschädigung (MeH) da – Personen also, die beispielsweise durch einen Unfall, einen Schlaganfall oder einen Gehirntumor aus ihrem bisherigen Leben gerissen wurden und somit in einer grundlegend anderen Situation als von Geburt an behinderte Menschen stecken. Solche spezialisierten MeH-Beratungsangebote sind in Deutschland bis dato ausgesprochen rar gesät. Das Angebot, das die Bad Emser Beratungsstelle vorhält, ist durch eine Anschubfinanzierung der G. und I. Leifheit-Stiftung möglich. „Nach der Phase der medizinischen Versorgung und neurologischen Rehabilitation klafft für Menschen mit erworbener Hirnschädigung eine Lücke, die es zu füllen gilt“, beschreibt Julia Tiwi-Feix die Besonderheiten dieses Teils ihrer Arbeit. „Ich informiere sie nicht zuletzt über Förderangebote, mit deren Hilfe sie weitere Entwicklungsschritte durchlaufen und in ein größtmöglich selbstbestimmtes Leben zurückfinden können.“

Kontakt      

EUTB-Beratungsstelle der Inklusa gGmbH, Schanzgraben 3, 56130 Bad Ems, Julia Tiwi-Feix, Telefon 02603/931 339 10, E-Mail <link>j.tiwi-feix@inklusa.de, und Petra Koschella, Telefon 02603/931 339 11, E-Mail <link>p.koschella@inklusa.de